Das Berliner Start-up Mitte hat eine Maschine entwickelt, die Leitungswasser filtert und mit Mineralien anreichern kann. Sie soll vorwiegend dort zum Einsatz kommen, wo Leitungswasser nur bedingt trinkbar ist. Um den Übergang zwischen Gaskartusche und Druckminderventil auf der Geräteseite abzudichten, galt es, ungewöhnliche Toleranzbreiten zu überbrücken – was technisch nicht trivial war. Entwickler in Schwalmstadt haben sich der Aufgabe angenommen und eine kluge Dichtungslösung entwickelt.

Aktuellen Studien zufolge nimmt die Qualität des Trinkwassers weltweit ab. Immer mehr Schadstoffe, vor allem Mikroplastik, aber auch Bakterien, Viren, organische und anorganische Verbindungen, Pestizide, Arzneimittel und Hormone verunreinigen eines der wichtigsten Lebensmittel. Diesem Problem hat sich das Berliner Start-up Mitte angenommen und eine Maschine für den Gebrauch im Haushalt entwickelt, die Leitungswasser filtern und mit Mineralien und Spurenelementen anreichern kann. Sie soll künftig vor allem dort zum Einsatz kommen, wo Leitungswasser nicht uneingeschränkt trink- und genießbar ist. Die Einführung des Geräts in den Markt gestaltete sich jedoch schwierig. Ein kritischer Punkt: Es gab Probleme, den Übergang zwischen dem Ventil der Gaskartusche und dem Druckminderventil auf der Geräteseite zuverlässig abzudichten. Da die Anschlusshöhe der Ventile für Gaskartuschen nicht genormt ist, galt es hier, eine ungewöhnliche Toleranzbreite zu überbrücken.
Anfang April wandte sich der Kunde hilfesuchend über das Online-Kontaktformular an FST. „Eine Anfrage, die man nicht auf herkömmliche Weise bearbeiten konnte“, beschreibt Ulrich Wüstenhagen, Produktentwicklung Pneumatik, das Projekt. „Es gab keine ausführliche Spezifikation. Wir mussten uns an viele Details erst herantasten, und das, obwohl die Zeit drängte.“ Die Aufgabenstellung: Eine CO2-Gasflasche wird mittels eines Trapezgewindes an dem aufgesetzten Messingventil in das Gerät eingeschraubt. Sobald die Gaskartusche angedockt ist, steht Kohlensäuregas dauerhaft mit 60 bar an der Innenseite der Dichtung an. Dabei dringt das CO2 – je nach Wahl des Werkstoffs in unterschiedlich hohem Maße – in die Dichtung ein. Bei schlagartiger Entlastung auf Atmosphärendruck entweicht das Gas wieder aus dem Dichtungswerkstoff, wobei die Dichtung erheblichen Schaden nehmen kann – man spricht in solchen Fällen von einer explosiven Dekompression.
Es galt also, einen Werkstoff zu finden, der für diesen Druckbereich geeignet ist und zusätzlich über eine Lebensmittelzulassung verfügt. Hierzu wurden die Werkstoffspezialisten vor Ort und in Weinheim zu Rate gezogen. Da für die in Frage kommenden Werkstoffe zu der geschilderten Problemstellung keine Versuchsergebnisse vorlagen und umfangreiche Versuchsreihen den Zeitrahmen gesprengt hätten, blieb nur eine empirische Herangehensweise – quasi Versuch und Irrtum am realen Objekt.

Polyurethan als Problemlöser
Diese Versuche erfolgten direkt beim Gerätehersteller, und zwar mit Dichtungsvarianten, die von Freudenberg Xpress® kurzfristig spanend hergestellt wurden.
Letztendlich blieben zwei Werkstofftypen in der engeren Auswahl: EPDM-Werkstoffe in verschiedenen Härtegraden sowie ein relativ hartes Polyurethan. In ersten Versuchen beim Kunden wurde zunächst die dauerhafte Dichtheit, also die Beständigkeit gegen CO2 beziehungsweise die schlagartige Druckentlastung, getestet. Gleichzeitig musste gewährleistet sein, dass Benutzer die Kartusche beim Austausch leicht rein- und rausschrauben können, ohne dass dabei eine nennenswerte Gasmenge entweicht. Man stellte anhand entsprechend veredelter Muster fest, dass eine Beschichtung hilfreich sein kann, um das Reibmoment zu verringern und das Handling zu vereinfachen. Mithilfe der Finite-Elemente-Analyse untersuchten Anwendungstechniker Patrick Kinsch und Mert van Dawen die von Design Engineer Alexander May konstruierten Dichtungsvarianten. Anhand der Ergebnisse ließ sich vergleichen, wie sich der jeweilige Werkstoff in Kombination mit der Geometrie der Dichtung bei entsprechendem Druck verhält, ob die lokalen Verformungen und Belastungen innerhalb der zulässigen Werte bleiben, und mit welchem Reibmoment in etwa zu rechnen ist.
Inzwischen gibt es eine erfolgreich getestete Dichtungsgeometrie aus Polyurethan, eine Vorab-Serie von etwa 1.000 Stück aus Freudenberg-Xpress®-Fertigung wurde an den Kunden geliefert. Der nächste Schritt ist nun, das vom Kunden bereits in Auftrag gegebene Spritzgießwerkzeug herzustellen und zu bemustern, aus dem die Serienteile wirtschaftlich gefertigt werden können. „Angesichts der eher schwierigen Ausgangssituation sind wir – nicht zuletzt durch die Ideen und pragmatischen Beiträge der einzelnen Teammitglieder – erstaunlich schnell zu einer funktionierenden Lösung gekommen“, so das Fazit von Ulrich Wüstenhagen.
Berliner Start-up Mitte
Mitte wurde mit der Mission gegründet, eine Trinkwasserversorgung passend für die Herausforderungen des 21. Jahrhunderts zu entwickeln – gesundheits- und nachhaltig orientiert, und nutzerfreundlich. Das Berliner Unternehmen entwickelt eine Produktpalette, die vom natürlichen Zyklus des Wassers inspiriert ist, ohne dabei dem Planeten zu schaden.
Mit Mitte Home bietet Mitte das erste smarte System zur Wasseraufbereitung für zu Hause an, das eine fortschrittliche Filtrations- und Mineralisierungstechnologie nutzt, um Wasser zu reinigen und zur Geschmacksoptimierung mit Mineralien zu versetzen – mit oder ohne Kohlensäure.
Im Jahr 2016 wurde das Start-up in Berlin gegründet und wird von Atlantic Food Labs, Danone Manifesto Ventures, VisVires New Protein Fund, Bitburger Ventures und Kärcher New Ventures gefördert.